Auschwitz und der Holocaust

Auschwitz und der Holocaust
Auschwitz und der Holocaust
 
Mit dem Beginn des Krieges gegen die Sowjetunion wurden die vagen Pläne in der Führungsspitze der Nationalsozialisten zur Schaffung besonderer Gebiete für die Juden aufgegeben und ihre systematische Vernichtung in Lagern im Osten eingeleitet. Die im August 1941 von Hitler offiziell eingestellte Mordaktion an »lebensunwertem Leben« lieferte das Muster. Vergasungseinrichtungen aus reichsdeutschen Tötungsanstalten wurden in einigen Lagern im Osten installiert. Die technisch-organisatorische Durchführung der Vernichtung wurde auf der Wannseekonferenz im Januar 1942 festgelegt.
 
Der Massenmord an den Juden, aber auch an slawischen »Untermenschen«, an Sinti und Roma, an Homosexuellen, »Asozialen«, religiösen Minderheiten und politisch Andersdenkenden ist ohne historisches Beispiel. In den Vernichtungslagern Belzec, Chelmno, Sobibor und Treblinka wurden die ankommenden Opfer direkt in die Gaskammern getrieben.
 
Den beiden größten Vernichtungslagern, Auschwitz-Birkenau und Lublin-Majdanek, waren auch Arbeitslager angeschlossen, in denen die noch arbeitsfähigen Häftlinge ausgebeutet wurden. Auschwitz war bereits im Mai 1940 wegen seiner Nähe zum oberschlesischen Industriegebiet errichtet worden und wurde später zum größten nationalsozialistischen Konzentrationslager ausgebaut (Gesamtausdehnung 40 km2). 1941 errichtete die I. G. Farbenindustrie AG in unmittelbarer Nähe zum Lager ein Werk zur Herstellung synthetischen Gummis. Hier wurde auch das Giftgasblausäurehaltige Giftgas Zyklon B entwickelt, das in den Gaskammern der Vernichtungslager eingesetzt wurde, nachdem es im September 1941 an sowjetischen Kriegsgefangenen erprobt worden war.
 
Von Januar 1942 bis zur Befreiung des Lagers im Herbst 1944 rollten die Transporte mit den meist in Viehwaggons gepferchten jüdischen Menschen aus 23 Ländern Europas in die Vernichtungslager. Zur Tarnung waren in verschiedenen Lagern Bahnhofsanlagen als Attrappen aufgebaut worden, die den Eindruck einer Umsteigestation hervorrufen sollten. In Auschwitz wurden bereits bei der Ankunft an der berüchtigten Rampe die arbeitsfähigen Juden von SS-Ärzten »selektiert«. Den Übrigen, Frauen, Kindern, Greisen und Kranken, die direkt in die Gaskammern gebracht wurden, wurde mitgeteilt, sie müssten sich vor der Weiterreise einer ärztlichen Untersuchung unterziehen und deshalb ihre Kleidung ablegen, um ein Duschbad zu nehmen.
 
Der »Vergasungsvorgang« dauerte 15 bis 20 Minuten. Jüdische Mithäftlinge mussten die Leichen in vorbereitete Massengräber werfen. Allein in Auschwitz wurden mindestens 1,5 Millionen Menschen, meist Juden, vergast, in den anderen Vernichtungslagern über 3 Millionen. Auf Anordnung Himmlers wurden die Massenvergasungen ab 1. November 1944 eingestellt. Vor dem Herannahen der Roten Armee sprengte die SS die meisten Gaskammern und Krematorien, die Leichen sollten exhumiert und verbrannt werden. Die überlebenden Lagerinsassen mussten in Fußmärschen KZ-Lager im Reichsgebiet zu erreichen versuchen. Dabei sind noch einmal Hunderttausende durch Krankheit und Entkräftung gestorben. In diesem größten Völkermord der Weltgeschichte, dessen grauenvolle Einzigartigkeit darin besteht, dass er detailgenau in Planungsstäben entworfen und auch durchgeführt wurde, sind etwa sechs Millionen europäischer Juden vernichtet worden.

Universal-Lexikon. 2012.

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